„Das Auto neu erfinden“



  • Personen auf dem Foto von links nach rechts: Armin Frank, Innovationsnetzwerk Gewinnerregion; Dr. Lothar Ulsamer, Daimler; Angela Imdahl, Netzwerk AutoMobil; Walter Pankoke, Innovationsnetzwerk; Heinz-Rudi Link, Wirtschaftsförderung SBH

    Elektromobilität eröffnet neue Chancen für den Mittelstand in der Region.
    Netzwerk Auto-Mobil bringt Unternehmer ins Gespräch

    Villingen-Schwenningen. Am Dienstagabend ging es auf dem Campus Schwenningen um neue Chancen und Geschäftsfelder der Elektromobilität. Rund 40 Unternehmer und Vertreter der Hochschule diskutierten mit Dr. Lothar Ulsamer, dem Leiter föderaler und kommunaler Projekte bei Daimler. Eingeladen hatte das Netzwerk Auto-Mobil und die regionale Wirtschaftsförderung, Titel der Veranstaltung: „Das Auto neu erfinden.“

    Bei Diskussionen über Elektromobilität, so Dr. Ulsamer, stünden Hybridisierung, Brennstoffzelle, Batterie und die technischen und infrastrukturellen Herausforderungen, die neue Antriebssysteme mit sich bringen, im Vordergrund. Elektromobilität sei auch eine Antwort auf die Probleme von Globalisierung, Ressourcenverknappung, Metropolisierung und wachsendem CO2-Ausstoß. Lothar Ulsamer: „Aus Sicht des Automobilstandorts Baden-Württemberg ruft die Elektromobilität natürlich neue Wettbewerber auf den Plan. Wir haben 125 Jahre Vorsprung im Automobilbau, aber jetzt bieten sich auch Chancen für neue Wettbewerber ohne diese Erfahrungen. Wir dürfen nicht abwarten und lange überlegen, ob wir auf diesen Zug aufspringen wollen. Wir müssen alles daran setzen, in der Lok zu sein und nicht im letzten Wagen.“

    Die Roadmap von Daimler für die Reise ins Zeitalter der Elektromobilität ist daher klar. Der Premium-Hersteller setze auf die Optimierung von Fahrzeugen mit modernen Verbrennungsmotoren, die weitere Effizienzsteigerung durch Hybridisierung und das Vorantreiben von lokal emissionsfreiem Fahren mit Elektrofahrzeugen. Ziel muss es sein, Deutschland in Zukunft zum Leithersteller und Leitmarkt für Elektromobilität zu machen.

    Auf diese Frage haben viele  Aspekte Einfluss. Beispielsweise der zunehmende Trend, mobil zu sein ohne eigenes Auto. Dr. Lothar Ulsamer: „Viele junge Leute heute wollen gar kein eigenes Auto mehr besitzen. Wichtig ist ihnen, dass sie eins benutzen können.“ So lanciert Daimler Pilotprojekte mit Namen wie car2go oder car2gether, um die Chancen neuer Mobilitätskonzepte zu untersuchen, in die auch Elektrofahrzeuge eingebunden werden sollen. Für „spannend und aussichtsreich“ hält Lothar Ulsamer diese Projekte mit neuen Konzepten und neuen Partnern. In einem Modellprojekt mit der Stadt Ulm beispielsweise nutzen 20.000 Kunden seit März 2009 200, über das gesamte Stadtgebiet verteilte Fahrzeuge. Das Modellprojekt mit dem Namen car2go ergänzt bestehende Verkehrsträger wie Bus oder Bahn. Abgerechnet wird die Nutzung im Minutentakt, die Rechungsstellung erfolgt über die Handyrechnung.

    Modellprojekte in verschiedenen Regionen zeigen aus Sicht des Soziologen, dass es nicht darum gehe, erst eine flächendeckende Infrastruktur für Strom- und Wasserstoff aufzubauen, bevor man in die Elektromobilität starte. „Bertha Benz hat bei ihrer ersten Überlandfahrt auch keine ausgebaute Infrastruktur vorgefunden. Da sollten wir nicht abwarten, bis auch im kleinsten Dorf eine Wasserstofftankstelle steht“, mahnt Lothar Ulsamer. Gleichwohl steht bei Daimler neben der Optimierung bestehender Technologien und der Verbesserung der Reichweite der E-Mobile, der Verkürzung der Ladezeiten und der Verlängerung der Lebensdauer der Batterien vor allem der Ausbau der Infrastruktur im Fokus.

    Die Frage nach den Auswirkungen von E-Mobilität auf die Zuliefererbetriebe in der Region, diskutierten die Teilnehmer am Schwenninger Campus lebhaft. Wenn der Verbrennungsmotor langfristig an Bedeutung verliert, werden Motorblock, Kolben, Dichtungen, Ventile, Nockenwellen, Einspritzanlagen, Kupplungen und viele Nebenaggregate in ihrer alten Form überflüssig. Andere Bereiche, wie etwa Radaufhängung, Kraftübertragung, Klimaanlage, Heizung, Kühlwasserpumpe oder die Wärmedämmung des Autos hingegen müssen sich verändern. Dr. Lothar Ulsamer: „Hier gibt es großen Entwicklungsbedarf. Außerdem brauchen wir mehr Wissen über Antriebs- und Batteriesysteme, über Elektromotoren oder Leistungselektronik. Regionen mit hoher Automobilkompetenz haben aus meiner Sicht hier die besten Chancen, denn die Umstellung auf neue Produkte bietet eine Vielfalt an neuen Geschäftsfeldern.“

    Voraussetzung für die Entwicklung dieser neuen Geschäftsfelder seien neue Qualifikationen und eine enge Zusammenarbeit zwischen den Akteuren. Darüber hinaus seien die Hochschulen gefordert die gesamte Elektrokompetenz in die Ausbildung der Ingenieure zu integrieren. Lothar Ulsamer: „Wenn die Akteure gut zusammenarbeiten, sichern Zukunftstechnologien wie die Elektromobilität Arbeitsplätze und Wohlstand und eröffnen in Regionen mit einem starken und breit aufgestellten Mittelstand neue Chancen. Netzwerke wie das regionale Netzwerk Auto-Mobil können dabei als Brückenköpfe fungieren und helfen, die Partner in einem dynamisch sich verändernden Markt ins Gespräch zu bringen.“

    Das Netzwerk Auto-Mobil ist eine Initiative der Standortoffensive Schwarzwald-Baar-Heuberg. Seit November 2009 treffen sich Zuliefererunternehmen zum Kennenlernen und organisierten Dialog. Organisiert und moderiert wird das Netzwerk von Angela Imdahl, Strategie + Kommunikation, Rottweil. Informationen Einladungen zu den Netzwerktreffen gibt es unter info@imdahl.biz

  • MENÜ